AMS wird 25-jährig: Interview mit Stephan Hagenbuch

In einer Serie von mehreren Artikeln nehmen prägende Persönlichkeiten der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft zur Bedeutung von AMS Agro-Marketing Schweiz Stellung, 25 Jahre nach deren Gründung. Wir setzen die Serie mit Stephan Hagenbuch fort, dem Direktor der Schweizer Milchproduzenten SMP. 

Die Mission der SMP ist es, sich dafür einzusetzen, dass die Milchproduktion ein attraktiver Produktionszweig der Schweizer Landwirtschaft ist. Zusammen mit den Mitgliedsorganisationen orientiert sich ihre Ausrichtung an den übergeordneten Interessen der Schweizer Milchproduktion.

«AMS ist eine eindrückliche Pionierleistung»

Stephan Hagenbuch ist seit 1. November 2016 Direktor der Schweizer Milchproduzenten SMP. 

Er stammt ursprünglich aus dem aargauischen Freiamt und ist dort in Oberlunkhofen auf einem Bauernhof aufgewachsen. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften und einem Nachdiplomstudium in Betriebswissenschaften an der ETH startete er 1991 seine berufliche Tätigkeit beim damaligen Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten ZVSM und hat bei der Nachfolgeorganisation, Schweizer Milchproduzenten SMP, verschiedene berufliche Funktionen und Tätigkeiten wahrgenommen.

Von 2002 bis 2017 war er Präsident der Schweizerischen Milchkommission und nahm so Kontakte aus der Schweiz zum Internationalen Milchwirtschaftsverband wahr und ist heute auch Präsident des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes LID. 

Bild Stephan Hagenbuch

«Swissness hat einen Wert im Markt. Dieser Wert ist dank AMS deutlich gestiegen.» 

Was hat sich mit der Gründung von AMS für SMP geändert? 

Wir müssen die Umstände anschauen, welche zur Gründung von AMS geführt haben. Um die Jahrtausendwende erfolgte die Agrarreform. Sie sah unter anderem vor, staatliche Promotionsmassnahmen zurückzufahren und die Gelder direkt der Landwirtschaft für die Vermarktung zur Verfügung zu stellen, unter der Bedingung der Mitfinanzierung. Das war die Ausgangslage. Wir von der ZVSM/SMP haben diese Absicht von Anfang an unterstützt. Wir vertraten dazumal schon die Meinung, dass die Land- und Ernährungswirtschaft nahe an die Konsumentinnen und Konsumenten rücken muss – und das Marketing für die eigenen Produkte nicht dem Staat überlassen darf. 

Diese Marktnähe haben wir immer umgesetzt und unser Marketing konsequent ausgebaut, sodass wir bei SMP heute den ganzen Marketingmix abbilden und beispielsweise auch Ernährungsberater:innen im Team haben und die Fachkompetenz für AMS sicherstellen. Das war eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als richtig und zukunftsorientiert erwiesen hat. 

Was beschäftigt Sie zurzeit am meisten? 

Ganz ähnliche Fragen wie auch meine Kolleginnen und Kollegen anderer Branchen aus der Land- und Ernährungswirtschaft, vielleicht mit gewissen Besonderheiten für den Milchmarkt. Wir sind im Milchmarkt mit halboffenen Grenzen konfrontiert. Das gibt es sonst nur beim Wein, beim Holz und bei den Zuckerrüben. Die Frage ist nun: Wie können wir Schweizer Milch im halboffenen Markt gegenüber dem Importdruck positionieren? Das ist eine Herausforderung, die uns jeden Tag beschäftigt. Dann beschäftigen uns die politischen Rahmenbedingungen, wie wir in der Schweiz Milch produzieren und vermarkten. Dazu kommen berechtigte gesellschaftliche Anliegen und Erwartungen an die Land- und Ernährungswirtschaft, die wir ernst nehmen müssen.  

Bei den politischen Forderungen wie zum Beispiel der Massentierhaltungsinitiative sind Führung und glaubhafte Kommunikation wichtig. Wir sind in vielen Bereichen schon sehr gut. Diese Leistungen müssen wir allerdings besser hervorheben und kommunizieren. Wir sind da noch nicht angekommen. Aber wir lernen und entwickeln uns weiter.  

Ein Dauerthema sind die Milchpreise. Die durchschnittlichen Stundenlöhne der Milchproduzentinnen und -produzenten sind nach wie vor zu tief. Jetzt hat sich die Situation allerdings etwas gewendet. Die Milchpreise im Ausland ziehen an. Hier müssen wir agil sein und die Preise in der Schweiz ebenfalls anpassen. 

Was mich ebenfalls beschäftigt, ist das Thema Nachhaltigkeit und wie wir die gesellschaftlichen Erwartungen an eine nachhaltige Landwirtschaft besser erfüllen können.  Auch da muss ich sagen, dass wir bei der Milch grosse Fortschritte gemacht haben. Jedes Kilo importierte Milch ist in puncto Nachhaltigkeit ein Rückschritt.  

Was ist die Bedeutung von AMS? 

Ich halte AMS für eine grosse Pionierleistung der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft. AMS umfasst heute alle wesentlichen und interessierten Akteure in der Land- und Ernährungswirtschaft und ist zur Drehscheibe geworden – für die Produzenten- und Branchenorganisationen, die Verarbeiter, den Detailhandel und die Gastronomie sowie als Ansprechpartnerin für die Absatzförderung des Bundes. Die Kernaufgabe ist es, einen gemeinsamen Auftritt zu realisieren, mit einer möglichst einheitlichen Botschaft und einer gemeinsamen Kennzeichnung. Dies ist meiner Meinung nach gut gelungen. 

Ich möchte vier Errungenschaften besonders hervorheben: 

  • Suisse Garantie ist eine grosse Errungenschaft von AMS und verkörpert Swissness der ersten Stunde. Seit 2008 haben wir eine offizielle, gesetzliche Swissness. Suisse Garantie kommuniziert Swissness und die Einzigartigkeit von Schweizer Produkten direkt. Wichtig ist auch die sehr hohe Bekanntheit. 
  • Die GVO-Freiheit. Da sind wir voraus. Wir haben hier früh die Konsumentenbedürfnisse verstanden und aufgenommen. Die EU hat hier viel später reagiert.  
  • Präsenz im Ausland. Die Präsenz, beispielsweise in Berlin an der Grünen Woche, ist eine Leistung von AMS. Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft muss an diesem wichtigen Anlass vertreten sein. AMS hat dies bisher sichergestellt, mit einem eindrücklichen Auftritt.
  • Gemeinsamer Medieneinkauf. AMS übernimmt als Dienstleisterin Aufgaben, die gemeinsam besser und kostengünstiger geleistet werden können. Ich denke da an den Medieneinkauf und die Koordination. Hier können wir Synergien einsetzen und bessere Konditionen herausholen, gleichzeitig aber auch eine grosse Erfahrung ins Spiel bringen. Die Medienwelt wird immer komplexer. Da braucht es Zusammenarbeit. 

Wie beurteilen Sie den Nutzen der Garantiemarke Suisse Garantie?  

Suisse Garantie bildet einen kommunikativen Grundteppich für Swissness und hat einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. Das ist die Frucht von 25 Jahren konsequenter Positionierung. Die Kampagne stellt die inneren Werte von Lebensmitteln aus der Schweiz in den Mittelpunkt, und das kommt bei den Konsumentinnen und Konsumenten gut an. 83% der Befragten finden die Kampagne passend. An den Spruch «Auf die inneren Werte kommt es an» erinnern sich zwei Drittel aller Befragten. Wir haben das Ende der Fahnenstange allerdings noch nicht erreicht. Da ist noch viel möglich. Als Zwischenergebnis, das muss ich sagen, können wir darauf stolz sein. 

Swissness hat also einen Wert im Markt und dieser Wert ist gestiegen, seit AMS existiert. Wir müssen nun dafür sorgen, dass dieser Swissness-Teppich keine Löcher hat. Das darf auch mit anderen Labeln so sein, welche die Schweizer Herkunft auszeichnen. 

Wie könnte die Zukunft von AMS aussehen? 

Wir haben nach 25 Jahren eine gute Kontinuität erreicht. Das Erreichte müssen wir nun stärken und verteidigen. Coop zum Beispiel bietet mit rund 600 Artikeln das grösste Sortiment an Produkten, die mit Suisse Garantie zertifiziert sind. Das ist eindrücklich. 

Wir dürfen uns aber nicht ausruhen und uns zurücklehnen. Es gibt noch Potenzial bei der Marktdurchdringung, auch bei den anderen Grossverteilern. Wir haben ein starkes Label mit Sogkraft bei den Konsumentinnen und Konsumenten, darauf können wir bauen.  

Dann Nachhaltigkeit. Wir müssen die Sorgen der Gesellschaft ernst nehmen, hinsichtlich Fragen der Böden, des Klimas und der Ressourcen, wo sie berechtigt sind, und müssen Antworten und Lösungen bereithalten. Wir müssen die Kriterien stetig weiterentwickeln. Was heute noch ein Qualitätslabel ist, kann morgen Standard sein. Wenn AMS das Thema Nachhaltigkeit nicht aufnimmt, wird es jemand anders tun. Besser übernehmen wir hier mehr Führung.